Freiwilligkeit und Repatriierung
Transnationale Prozesse der Remigration und Repatriierung (1960-2000)
Transnationale Prozesse der Remigration und Repatriierung (1960-2000)
Das Teilprojekt untersucht die Wechselwirkungen zwischen Prinzipien und Praktiken von Freiwilligkeit in transnationalen Migrationsprozessen zwischen den 1960er Jahren und 2000. Sie werden an Hand der Remigration und Repatriierung von Arbeitsmigrant*innen, Asylsuchenden und Geflüchteten untersucht, vorrangig vom globalen Norden in den globalen Süden. Das Teilprojekt formuliert die These, dass sich seit den 1960er Jahren ein Repatriierungsregime herausbildete, das seine Praxis über „Freiwilligkeit“ der Rückkehr zu legitimieren suchte.
Das Teilprojekt verfolgt das Ziel, die Wirkmacht des Repatriierungsregimes auf drei Ebenen zu untersuchen. Erstens spezialisierten sich Internationale Organisationen auf die Durchführung staatlicher Rückkehrprogramme. Hierbei steht die Frage im Mittelpunkt, inwiefern Internationale Organisationen die freiwillige Rückkehr als Norm etablierten und sie in völkerrechtlichen Prinzipien verankerten. Auf einer zweiten Ebene wird untersucht, wie Nichtregierungsorganisationen und zivilgesellschaftliche Gruppen den Diskurs über freiwillige Rückkehr mitbestimmten, sich ihm unterordneten oder entgegenstellten. Während einige von ihnen den Freiwilligkeitsdiskurs annahmen und aktiv beförderten, problematisierten andere vor allem den direkten Zusammenhang zwischen zwangsweiser Abschiebung und Angeboten freiwilliger Rückkehr, woraus eine Sensibilität für die Antinomien von Freiwilligkeit entstand. Drittens sollen Migrant*innen selbst in den Fokus rücken. Arbeitsmigrant*innen, Geflüchtete und Asylsuchenden boten sich dabei gleichermaßen Möglichkeiten der freiwilligen Rückkehr, auch wenn sie zuvor ganz unterschiedliche Migrationserfahrungen gemacht hatten. Im Blick auf diese drei migrantischen Gruppen fragt das Teilprojekt, inwiefern sie die Freiwilligkeit ihrer eigenen Rückkehr akzeptierten, deklarierten oder gar zur Selbsttechnik in Repatriierungsprozessen machen konnten. Dabei soll gezeigt werden, wie neben normativen und diskursiven auch praktische Bedingungen Freiwilligkeitsentscheidungen und -erklärungen bestimmten. Als Quellengrundlage dienen Archivmaterialen, soziologische Studien und Interviews mit Migrant*innen, anhand derer Subjektivierungsprozesse und eigensinniges Handeln innerhalb von Repatriierungsregimen historisch untersucht werden können.